Vom 10.-11. November findet in Stuttgart der Deutsche Multimedia Kongress DMMK gemeinsam mit der Kreativmesse Create10 statt. Ich freue mich schon, am zweiten Tag bei den Workshops “Visual Experience” und “Mobile Experience” als Fachexperte für das Thema Augmented Reality dabei zu sein.
Mit hochkarätigen Keynote-Speakern wird der diesjährige DMMK Digitale Wirtschaft gemeinsam mit der Create10 eröffnet. Wie sieht unser Leben in der digitalen Zukunft aus? Was sind die zentralen Herausforderungen, vor denen wir stehen? Und wie können wir sie meistern? Mögliche Antworten darauf liefern Ihnen anerkannte Experten und Vordenker. Die gemeinsame Ausstellung von DMMK und Create10 mit interaktiven Exponaten ist ein idealer Treffpunkt, um mit Visionären und potenziellen Partnern ins Gespräch zu kommen.
Im Vorfeld des DMMK habe ich mit Frau Aline Schmid von der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg (MFG) das nachfolgende Gespräch geführt.
Augmented Reality (AR) ist momentan in aller Munde – können Sie kurz erklären, was man genau unter diesem Trend versteht?
“Der Begriff „Augmented Reality“ bedeutet soviel wie „Erweiterte Realität“. Es geht darum, die Sicht auf die reale Welt mit virtuellen digitalen Informationen anzureichern. Anstatt auf einen Bildschirm zu schauen und Daten beispielsweise von Webseiten zusammen zu sammeln, finden wir ortsrelevante Informationen direkt am Ort selbst. Sichtbar gemacht werden diese lokalen Informationen mithilfe von Smartphones, also beispielsweise dem iPhone oder Android-Mobiltelefonen.”
Wie reagieren Branchenfremde, wenn sie das erste Mal mit AR in Berührung kommen?
“Augmented Reality wirkt magisch. In einem ersten Moment scheint es zunächst unerklärlich, wie diese Technologie funktioniert. Interessanterweise fragt aber auch kaum jemand danach. Nutzer akzeptieren dieses neue mediale Erlebnis meist innerhalb weniger Sekunden und fangen intuitiv an, damit zu interagieren. Die ersten Fragen sind daher meist „Wow! Was kann ich noch damit machen?“ und weniger, wie denn die technische Umsetzung aussieht. Heutzutage kommt es vor allem darauf an, Kreative aus verschiedensten Industrien zusammen zu bringen und die unterschiedlichen Möglichkeiten von AR in völlig neuen Nutzungsszenarien auszuschöpfen. Es geht vornehmlich um Inhalte, weniger um die Technologie dahinter.”
Ist die AR-Technologie überhaupt schon ausreichend ausgereift?
“Die Technologien hinter Augmented Reality sind schon über 20 Jahre alt und kommen insbesondere aus dem militärischen und industriellen Bereich, vor allem aus der Flugzeugindustrie. Viele der gängigen Methoden sind hinlänglich erforscht und erprobt. Augmented Reality war bis vor kurzem eine sehr kostenintensive High-End-Technologie. Erst die Entwicklung moderner Mobiltelefone, die als Augmented-Reality-Sichtgerät dienen, ermöglichten erste Anwendungen im Consumer Markt. Ähnlich wie zum Ende der 90er Jahre im World Wide Web stehen wir auch hier noch ganz am Anfang einer neuen Ära. Insbesondere die Herstellung von immer leistungsfähigeren Mobilgeräten wird die Verbreitung von Augmented-Reality-Anwendungen weiter vorantreiben.”
Sie sprechen hauptsächlich von AR-Anwendungen für Mobiltelefone, dabei gibt es doch auch interessante Desktop-Lösung mit Webcam und Computer.
“Für mich ist Augmented Reality ganz klar ein Mobilthema. Ich sehe einige interessante Anwendungen im Desktop-Bereich, vor allem im Bereich E-Commerce und Retail, beispielsweise den sogenannten virtuellen Spiegel. Damit kann der Konsument im Onlineshop nicht nur eine neue Brille auswählen, sondern mithilfe von AR auch „virtuell anprobieren“. Mithilfe einer Einblendung sieht der User dann am Bildschirm, wie die Brille auf der Nase sitzt und ob sie zur Gesichtsform passt. Insgesamt wird die Bedeutung von Computern auf Schreibtischen aber zurückgehen. Die Kommunikation der Zukunft ist meiner Meinung nach mobil und Augmented Reality ist dafür das ideale Medium. Es ist die einzige Anwendung, die alle Fähigkeiten moderner Mobilgeräte gleichzeitig nutzt. Augmented Reality kombiniert auf einzigartige Weise den Ortskontext, um Inhalte auf eine nie dagewesene Art zu transportieren. Nehmen wir das Beispiel der Berliner Mauer. Wir haben das DDR-Relikt mithilfe von Augmented Reality in 3D wieder auferstehen lassen, mitsamt Wachtürmen und Maueranlagen. Besucher können sich an den Originalschauplätzen die genaue ehemalige Lage der Mauer durch den Bildschirm des Mobiltelefons in die Realität einblenden lassen. Sie versperrt ihnen die Sicht, so wie damals die echte Mauer. Dies ist ein mediales Erlebnis, das mit Fotos, Broschüren und auch Filmen nicht nachzuahmen ist. Auch nicht mit dem Computer auf dem Schreibtisch.”
In welchen Lebensbereichen wird AR Ihrer Meinung nach eine besondere Rolle spielen?
“Ich sehe die naheliegendsten Einsatzszenarien in den Bereichen Tourismus, Bildung und Spiele. Jetzt geht es insbesondere darum, die Kreativen aus den verschiedenen Industrien zusammen zu bringen und neue Anwendungen zu entwickeln, die ein völlig neues mediales Erlebnis erzeugen. Dabei sprechen wir z. B. über Künstler, Grafiker, 3D-Designer, Spielentwickler, Historiker aber auch Lehrer.”
Gibt es Trends im Bereich „Visual Experience“, die sich Ihrer Meinung nach in den nächsten Jahren durchsetzen werden?
“Visuell attraktive Anwendungen spielen eine zentrale Rolle bei der Akzeptanz von AR als neues Medium. Wir benötigen daher Technologien, die Erlebniswelten als Mischform aus Real- und Digitalbild darstellen. Das Einpassen von digitalen Inhalten in die Realsicht ist eine zentrale Problemstellung in Mobile AR. Hier sehe ich einige neue vielversprechende Ansätze, die sicherlich in naher Zukunft eine größere Rolle spielen werden.”
Am 11. November 2010 sind Sie Referent auf der internationalen Zukunftskonferenz Create10. Auf welche spannenden Themen dürfen sich die Teilnehmer am interaktiven Workshop „Mobile Experience“ freuen?
“In diesem Workshop möchten wir ein Gefühl dafür vermitteln, welche Inhalte mit welchen Mitteln bestmöglich kommuniziert werden können. Wir wollen dies gemeinsam konkret erarbeiten, im Dialog. Denn die besten Ideen entstehen, wenn man drüber spricht. Und darauf freue ich mich schon am meisten.”
Das Interview führte Aline Schmid, MFG Baden-Württemberg.